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24.11.2023

Gegen das Vergessen - Gedenkstunde im Annapark zum Volkstrauertag

Am Volkstrauertag gedenkt Deutschland der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft. An diesem nationalen Gedenktag für die Opfer Kriege finden zahlreiche Veranstaltungen statt, die zur Versöhnung und Völkerverständigung beitragen sollen und zu Toleranz und Frieden aufrufen. Die zentrale Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag 2023 in Kirchhain fand am Sonntag im Annapark statt.

Bürgermeister Olaf Hausmann sprach in seiner Rede von einem wichtigen Tag, der zum Nachdenken und zur Reflexion aufrufen soll. „Wir stehen hier an der Gedenkstätte der beiden Weltkriege des letzten Jahrhunderts und lesen dort viele Namen – bekannte Kirchhainer Namen. Auch deren Familien haben vor über 100 Jahren bzw. 80 Jahren Angst um ihre Lieben ausstehen müssen und wurden schlussendlich mit der Vermisstenmeldung oder der Todesnachricht konfrontiert. Und wahrscheinlich würden uns die hunderten Toten heute entgegenrufen: Habt ihr denn nichts aus der Vergangenheit gelernt?!“ so die Worte des Bürgermeisters vor dem Hintergrund der schrecklichen Kriege u.a. im Gazastreifen und in der Ukraine.

„Krieg kennt keine Gewinner, Krieg kennt nur Verlierer. Die Bilder, die wir jeden Tag in den Medien sehen müssen, sind erschreckend und zeigen das Leid, das die Menschen in Israel und in Gaza ertragen müssen. Zeigen uns das Leid im Osten der Ukraine, genauso wie in vielen Staaten Afrikas; zeigen das Leid und die Angst der Menschen vor den Sitten- und Religionswächtern der Taliban in Afghanistan oder im Iran“.

Neben seinen Worten zu den aktuellen Kriegen ging Hausmann in seiner Ansprache auf die Geschichte der Familie Kleindopf ein:

Karl Kleindopf wurde am 13. April 1907 geboren. Er war Schreinermeister und betrieb mit seinem Vater und seinem Bruder eine Schreinerei in der Biegenstraße (damals „Roland Freisler Straße“).
Der Familienbetrieb musste drei Familien ernähren. Karl heiratete im September 1937 seine 1912 geborene Frau Katharina, die erst auf dem Hohen Meißner und später in Marburg in einer Jugendherberge arbeitete. Er brachte sich dort mit seinem handwerklichen Geschick ein und unterstützte seine Frau bei ihrer Arbeit.
Ein gutes Jahr nach der Eheschließung kam der älteste Sohn Helmut zur Welt. Ein kurzes Familienglück, denn das Kind verstirbt ein Jahr später am plötzlichen Kindstod. Ein Schock für die kleine Familie.
Elsbeth, Karls Tochter, wird am 18. März 1941 geboren. Der zweite Sohn Karl Heinrich am 04. April 1943. Da ist sein Vater bereits seit gut 2 Monaten tot. Verstorben am 20. Januar in Perlewka in Russland.

„Zurück, Empfänger gefallen für Großdeutschland“ steht auf dem Briefkuvert des Briefes, den die Nichte Anneliese Kleindopf an ihren Onkel gesendet hatte. Sie hatte ihm am 30. Januar den Brief geschrieben und über die Weihnachtsgeschenke und die Entwicklung seiner kleinen Tochter Elsbeth berichtet.
Am 12. Januar hatte der Obergefreite Karl Kleindopf seinen letzten Brief an seine Frau und seine Tochter abgesendet und berichtete über die Gegebenheiten vor Ort, aber auch über die Ungewissheit die Lieben wieder zu sehen.
Als letzte Zeile stand im Brief ein Namensvorschlag für den ungeboren Sohn: „Wie wäre es mit Friedemann?“

Ich denke, so Hausmann, mit diesem Vorschlag hatte der eigentlich lebensfrohe, musisch veranlagte Karl, der leidenschaftlich gerne Trompete und Akkordeon spielte, der allseits beliebt und hilfsbereit war, auch seiner Gemütslage im fernen und kalten Russland Ausdruck verliehen. „Friedemann“.

Elsbeth Dörr, die Tochter von Karl Kleindopf, hatte im Vorfeld beim Gespräch mit Olaf Hausmann erzählt, dass sie sich manchmal vorgestellt habe, wie es gewesen sei einen Vater zu haben. Wenn, …ja wenn der Vater die Stelzen für die kleine Elsbeth gezimmert hätte und nicht der Opa. Wenn der Vater hätte erleben dürfen, wie Elsbeth ihre Schule und Ausbildung meistert. Wenn der Vater die Tochter zum Traualter geführt hätte, um ihren Mann Konrad Dörr, dessen Vater ebenfalls im Krieg gefallen war, zu heiraten. Wenn er seine drei Enkelkinder Uwe, Elke und Andreas kennengelernt hätte. Wenn er einfach da gewesen wäre, bei den kleinen und großen Gelegenheiten des Lebens. Und nicht verstorben wäre an einer Rauchvergiftung und Verbrennungen irgendwo in Russland…

Auch die Vorsitzende des VdK Ortsverbandes Kirchhain Ute Hausmann und Pfarrer Rainer Wilhelm machten die Wichtigkeit des Volkstrauertages deutlich. „Gerade in der heutigen Zeit ist der Volkstrauertag und das Gedenken an die vielen Kriegsopfer aktueller denn je“, so Wilhelm in seiner Ansprache.

Neben den Reden sprach die Schülerin der Alfred-Wegener-Schule Kirchhain Rosalie Ritterbusch. Für den musikalischen Rahmen sorgte der Evangelische Posaunenchor.

Bei der anschließenden Kranzniederlegung durch Bürgermeister Olaf Hausmann und Stadtverordnetenvorsteherin Helga Sitt stand die Reservistenkameradschaft mit Fackeln Spalier.

Foto: Stadt Kirchhain

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