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18.11.2022

Gegen das Vergessen - Gedenkstunde im Annapark zum Volkstrauertag

Am Volkstrauertag gedenkt Deutschland der Toten von Krieg und Gewaltherrschaft. An diesem nationalen Gedenktag finden zahlreiche Veranstaltungen statt, die zur Versöhnung und Völkerverständigung beitragen sollen und zu Toleranz und Frieden aufrufen. Die zentrale Gedenkveranstaltung in Kirchhain fand im Annapark statt.

Bürgermeister Olaf Hausmann sprach in seiner Rede von einem wichtigen Tag, der zum Nachdenken und zur Reflexion aufrufen soll, insbesondere da sich seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine, die Welt sich dramatisch verändert habe.
Wie in den letzten Jahren stellte er in den Mittelpunkt seiner Rede das Schicksal einer Kirchhainer Familie. Dieses Jahr die Familie Mittler, die sowohl im 1. als auch im 2. Weltkrieg Angehörige verloren haben:
Erich Mittler – der Ältere wird am 07.06.1880 als zweiter Sohn des Papiermüllers Rudolf und seiner Frau Christine Mittler geboren. Sohn Erich schlägt nach Volksschule und Lehre die Laufbahn beim Militär ein. In 1899 tritt er der 2. Stammkompanie des 2. Seebataillons bei.
Als Seesoldat wird er nach China eingeschifft und nimmt an den Kämpfen des sogenannten Boxer-Aufstandes in Kiautschou teil. Er überlebt die schweren Kämpfe und wird wie die übrigen Überlebenden Soldaten als hochdekorierter Kriegsheld gefeiert. Zurück in der Heimat entschließt sich Erich Mittler für eine weitere Karriere beim Militär, die ihn bis in die Schloss-Gardekompanie des Kaisers führte. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges wurde Erich Mittler mit dem Reserve Infanterie-Regiment 201 nach Flandern entsendet, wo er in den Anfängen des 1. Weltkrieges bei den Kämpfen bei Diksmuide in Flandern am 21.10.1914 fällt.

Erich Mittler, der Jüngere wird als 3. Kind und Nesthäkchen von Rudolf Mittler, dem um ein Jahr älteren Bruder von dem bereits erwähnten Erich Mittler und dessen Frau Lina, am 20.11.1925 geboren. Nach der Lehre im heimischen Geschäft wird er im April 1943 zum Reichsarbeitsdienst nach Fritzlar einberufen und am 25.01.1944 nach Siegen zum Wehrdienst eingezogen. Gut ein Jahr später, am 28.02.1945, fällt der junge Leutnant auf dem Rückzug der Wehrmacht bei den Kämpfen an der Oder.
Seine Nichte Mechthild Schneider beschreibt ihn als allseits beliebten jungen und freundlichen Menschen, der seine jüngere Nichte auf den Schultern durch die Gegend getragen hat. Oftmals fröhlich pfeifend oder mit einem Lied auf den Lippen.
Die Todesnachricht erreichte die Eltern erst zwei Jahre später Anfang März 1947, da diese in einem vergessenen Postsack in Frankfurt lag. Zwei Jahre vergebliches Hoffen und Bangen, ob der Wiederkehr des jüngsten Sohnes bzw. Bruders. Und als wäre dies nicht schrecklich genug verstirbt zu gleicher Zeit das Enkelchen Ulrich Gerhard an Diphterie. Viel Leid für eine Familie und schwer zu ertragen. Manche Menschen verwinden solche Schicksalsschläge nie, so wie z.B. Lina Mittler die Mutter resp. Großmutter von Erich und Gerdi.

Hausmann verwies aber auch auf die aktuellen Kriege und bat die Menschen darum, all den Menschen in der Ukraine zu gedenken und mit ihnen zu hoffen, dass der unsägliche Krieg dort bald zu einem guten Ende kommt. Er bat die Anwesenden auch die russischen Familien in unsere Gedanken mit aufzunehmen, deren Soldatinnen und Soldaten in diesem Krieg ihr Leben verloren haben.

Die Schülerin Julia Walger erinnerte mit einer Geschichte aus der Sicht einer Schülerin an die Gräueltaten der Kriege und Pfarrer Wilhelm verlas den Liedtext „Nein, meine Söhne geb' ich nicht“ von Reinhard Mey. Ute Hausmann sprach als Vorsitzende vom VdK. Im Fokus ihrer Rede stand die Bilderausstellung von Brian Adams „Wounded“ von im Krieg Verwundeten in Marburg. Anhand dieser Schicksale machte sie deutlich, wie sinnlos Kriege sind, das Regime Wahlen manipulieren, Grenzen verschieben und diese Systeme die Demokratie gefährden. Sie dankte den zahlreichen Soldaten, die in den Kriegen für Demokratie ihr Leben aufs Spiel setzen.

Pater Erhard sprach für die Kirchen. In seiner Rede ging es um die Geschichte von Martha, Maria und Lazarus im Neues Testament und über die Auferstehung und was nach dem Tod kommt. Für den musikalischen Rahmen sorgte der Evangelische Posaunenchor. Die Reservistenkameradschaft, die wieder mit einer Delegation teilnahm, sammelte für den Volksbund Kriegsgräberfürsorge. Alle Teilnehmende einte der Gedanke und die Hoffnung auf eine bessere und friedliche Welt.

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