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24.10.2024

Nahwärme Stausebach am Scheideweg!?

Das Projekt Nahwärme hat sich im letzten Jahr weiterentwickelt und wesentlich Hürden überwunden. Die Bauleitplanung für das Grundstück ist nahezu abgeschlossen, die Abstimmung der Stadtverordnetenversammlung zum Satzungsbeschluss steht bevor. Das Gremium hat bereits einer Bürgschaft in beachtlicher Höhe zugestimmt. Die Planungen des Hochbaus, des Tiefbaus und der technischen Gewerke sind abgeschlossen. Es ist viel Aufwand betrieben worden den aktuellen Stand zu erreichen. Das Vorgehen wurde im letzten Jahr durch die Mitglieder der Genossenschaft sowohl in einer Umfrage als auch in der Generalversammlung 2023 nochmals bestätigt. Der Aufsichtsrat und der Vorstand arbeiteten seitdem mit den beauftragten Fachbüros an der Realisierung des Projektes.

Zum Projekt und zur überraschenden Wende haben wir mit dem Vorstandsvorsitzenden Herrn Eichler und Bürgermeister Olaf Hausmann gesprochen.

Herr Eichler wie ist der aktuelle Stand des Projektes?

Hätten sie mich vor unserer Informationsveranstaltung am 06.09. gefragt hätte ich gesagt: Prima. Wir schreiben die Bautätigkeiten aus und beginnen im nächsten Jahr mit der Realisierung. Wir hatten 75 Anschlüsse und die angestrebte Netto-Preise im Vergleich zum Ziel sogar noch reduzieren können.

Was ist denn seitdem geschehen?

Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen. 16 Mitglieder haben in kurzer Folge ihre Mitgliedschaft gekündigt. Es ging wie eine Lawine durch den Ort. Tatsächlich wurde in diesem Jahr die Mehrwertsteuer auf Nahwärme erhöht, was auch bei unserem Projekt zu einem leichten Kostenanstieg geführt hat. Das haben wir transparent gemacht. Das kann aus meiner Sicht aber nicht der einzige Auslöser sein.

Was bedeute das für das Projekt?

Nach aktuellem Stand, mit den noch bestehenden 59 Anschlüssen ist das Projekt in der geplanten Form nicht mehr sinnvoll umsetzbar. Nochmal rechnen und anpassen können und wollen wir den Interessierten nicht zumuten. Aus meiner Sicht benötigen wir die Anzahl von ca. 75 Anschlüssen, um verlässlich agieren zu können. Mehr wären natürlich noch besser, weil es für alle günstiger würde.

Was würde es bedeuten, dass Projekt jetzt zu beenden?

In der Jahreshauptversammlung haben wir es schon einmal dargestellt. Wir würden unsere Tätigkeiten einstellen und die offenen Rechnungen begleichen. Innerhalb von ca. 2 Jahren sollten alle Außenstände beglichen sein und die verbleibenden Gelder würden anteilig ausgeschüttet. Das würde ein Verlust von ca. 2000 bis 3000 € pro Anschluss bedeuten. Das gilt übrigens auch für alle Mitglieder der Genossenschaft, die noch nicht endgültig ausgeschieden sind. Da sprechen wir noch von 88 Anschlüssen.

Wie geht’s denn jetzt weiter?

Auf Anraten des Bürgermeisters in der Jahreshauptversammlung starten wir nochmals einen Versuch, die Stausebacher Bürgerschaft zu informieren und von der Sinnhaftigkeit des Projektes zu überzeugen. Eventuell haben wir die Informationen auch falsch rübergebracht. Der Vorstand ist da durchaus selbstkritisch und will es gerne besser machen. Es ist wichtig, den Kostenvergleich nicht nur über den aktuellen Ölpreis, sondern über alle Ausgaben zum Heizen zu betrachten (Wartungen, Ersatzteile, Rücklagen für eine neue Heizung, Ölpreisschwankungen, CO2 Abgabe).

Dann liegen die Kosten der Nahwärme aktuelle etwa 20% über den anderen Energieträgern. Trotz aktuell höherer Kosten bin ich davon überzeugt, dass es eine gute Investition in die Zukunft ist und sich die Vorzeichen in wenigen Jahren umdrehen. Dann heißt es: Hätten wir mal ….

Wieso sollten sich die Vorzeichen ändern?

Mittel- bis langfristig muss jeder Haushalt, der es bisher noch nicht gemacht hat, in CO2 Neutralität investieren. Die Kommunale Wärmeplanung untersucht die Möglichkeiten und zeigt Alternativen auf. Umsetzen muss das dann aber der einzelne Haushalt bzw. Immobilienbesitzer. Einzelnen Lösungen sind dabei in der Regel teurer als Gemeinschaftsunternehmungen. Speziell die Energiegenossenschaften im Kreis zeigen dies sehr eindrucksvoll. Spätestens nach Abschreibung der Investitionen in das Rohrnetz und das Heizhaus können die Kosten sogar sinken.

Was wäre ihr Wunsch oder das Ziel?

Ich würde mir wünschen, dass wir mit unserer Kampagne die Mitglieder in Kündigung doch überzeugt bekommen, die Kündigungen zurückzuziehen, um das Projekt umsetzen zu können. Neue Anschlussnehmer wären ebenso hilfreich, um die Investitionen durch vielen Mitglieder zu tragen. Dafür setze ich mich mit dem Vorstand gerne ein und gehe nochmal die extra Meile. Besonders freut mich dabei die umfassende Unterstützung der Stadt, speziell durch den Bürgermeister.

Bürgermeister Hausmann, was ist denn die Rolle der Stadt im Nahwärmeprojekt?

Zuallererst sind wir auch Mitglied der Genossenschaft und schließen das DGH an. Im Weiteren ist die Nahwärme Stausebach ein wichtiger Baustein in der Kommunalen Wärmeplanung. Die CO2 Neutralität soll bis 2045 erreicht werden. Durch die Genossenschaft würde auf einen Schlag eine sehr große Anzahl der Heizungen CO2 neutral. Das hat einen großen Einfluss auf die CO2 Bilanz der Stadt.

Wie sehen sie die aktuelle Entwicklung in Stausebach?

Ich war total überrascht und geschockt, als ich die Information über die hohe Anzahl an Kündigungen in der Generalversammlung erhalten habe. Das Vorgehen der Mitglieder kann ich nicht nachvollziehen, da alle anderen Lösungen für eine CO2 neutrale Heizquelle mittelfristig teurer würden. Durch einen Abbruch des Projektes verlagern wir die Aufgabe in die Zukunft. Schlimmstenfalls wäre durch jeden Haushalt eine individuelle Lösung zu finden. Es wäre eine große Chance vertan. Der genossenschaftliche Ansatz: „Viele schaffen mehr“ ist aus meiner Sicht der Bessere. Zumal es viele andere Genossenschaften vormachen und man in Stausebach kurz vor der Realisierung steht.

Welche Möglichkeiten sehen sie, um noch eine Wende zu erreichen?

Als Stadt unterstützen wir bereits durch die Bürgschaft, die erstmalig für ein solches Projekt beschlossen wurde. Da hat die Stadtverordnetenversammlung mit ihrem Votum ein deutliches, gutes Zeichen gesetzt und die Wichtigkeit des Projektes untermauert. Zusätzlich sind wir im aktiven Austausch mit der Genossenschaft und den beteiligten Behörden bezüglich des Genehmigungsverfahrens und den Gestattungsverträgen. Jetzt gilt es, die Ursache für diesen Stimmungsumschwung zu ergründen und transparent über die aktuelle Situation zu informieren und die positiven Aspekte klar darzustellen. Das machen wir über Öffentlichkeitsarbeit, Flyer und bei Bedarf gehe ich auch zu jedem Haushalt und erkläre die gesamtpolitischen Zusammenhänge. Dabei habe ich auch die volle Unterstützung des gesamten Magistrates.

Was sind die „Zusammenhänge“?

Es ist politisch entschieden, die CO2 Neutralität bis 2045 zu erreichen. Ein wesentlicher Baustein dabei ist die Heizenergie resp. Wärmeversorgung für Gebäude. Die Aufgabe wurde über den Bund und das Land an die Kommunen übertragen. Wir als Kommune erstellen derzeit eine kommunale Wärmeplanung, die im September/Oktober 2025 vorliegen wird und die Konzepte mit konkreten Maßnahmen wie wir die CO2 Neutralität erreichen können, vorschlägt. In der Betrachtung der einzelnen Quartiere, wie z.B. Stausebach werden Wärmenetze eine wichtige Rolle spielen. Zu guter Letzt sind bei der Umsetzung der Maßnahmen dann alle Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohn- und Geschäftsgebäuden gefordert. Ein „weiter so“ wie bisher wird es also nicht geben.

Was wäre ihr Wunsch und Ziel?

Ganz klar die Fortführung des Projektes! Stausebach wäre das dritte Nahwärmenetz in einem Ortsteil von Kirchhain. Das wäre ein wesentlicher Baustein in der kommunalen Wärmeplanung und auch ein positives Zeichen an die anderen Ortsteile, die sich mit dem Thema beschäftigen, wie z.B. gerade in Betziesdorf. Positive Impulse und Erfolge in der genossenschaftlichen Arbeit fördern dabei neben der Energiewende auch den Zusammenhalt in der Dorfgemeinschaft. Mein Wunsch ist es, dass das außerordentliche ehrenamtliche Engagement des Vorstandes und des Aufsichtsrates eine Fortsetzung findet und das Nahwärmenetz errichtet wird.

Infoveranstaltung am 13. November

Am 13. November findet um 19.30 Uhr im Schützenhaus Stausebach eine Informationsveranstaltung zur Nahwärme in Stausebach statt, zu der alle Interessierten herzlich eingeladen sind.

Fotos: Energie Stausebach eG

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