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23.04.2021

Serie: Die Kirchhainer Stadtteile stellen sich vor Heute: Anzefahr (Folge 12)

Mit der Vorstellung des Stadtteiles Anzefahr endet unsere Stadtteilvorstellung. Wenn Sie noch einmal die Berichte nachlesen möchten: Sie sind alle auf unserer Homepage unter www.kirchhain.de/Leben-Wohnen/Unsere-Stadt/Stadtteile veröffentlicht.

Alles in Anzefahr atmet Geschichte
Die Gemeinde Anzefahr erstreckt sich entlang der Main-Weser-Bahnlinie und hat z. Zt. 843 Einwohner. Im Rahmen der Gebietsreform wurde die Gemeinde Anzefahr durch Gemeindevertretungsbeschluss in die Stadt Kirchhain am 01.01.1971 eingegliedert.

In einer Urkunde vom 06.03.1226 wird Anzefahr erstmals erwähnt. Der Name des Dorfes ist nicht eindeutig zu klären, jedoch ist der zweite Namensteil "fahr" der Hinweis auf eine Durchfahrt durch die Ohm. Der Fluss Ohm schlängelt sich auf seinem Weg bis zur Mündung in die Lahn südlich der Gemeinde entlang.

In dem einst landwirtschaftlich geprägten Dorf, spielt die Landwirtschaft nur noch eine geringe Rolle. Schon früh wurde das Dorf zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt, da sich hier die beiden Reise- und Handelswege, die Rheinische und die Fritzlarer Straße, kreuzten.

Anzefahr bietet sowohl für junge Familien als auch für ältere Menschen Vorteile. Für junge Familien sind es der Kindergarten und die Grundschule; ältere Menschen schätzen die gute verkehrstechnische Anbindung durch Bus und Bahn.

Zahlreiche Firmen haben ihren Sitz in Anzefahr. Darüber hinaus verfügt der Ort über ein Gasthaus sowie eine Frühstückspension mit Fremdenzimmern.

Im Mittelpunkt des ursprünglichen Haufendorfes befindet sich die barocke Pfarrkirche "St. Michael". Die Kirche hat ihren Ursprung in einer Kapelle, die erstmals 1254 genannt und von den damaligen Herren erbaut wurde.
Auf dem Platz vor der Kirche wurde 1977 die Mehrzweckhalle erbaut. Nach 4.811 Arbeitsstunden an Eigenleistung konnte am 29.10.1977 in einer Feierstunde die Mehrzweckhalle, die als Sporthalle und Bürgerhaus zugleich dient, ihrer Bestimmung übergeben werden.

Ebenfalls in Eigenleistung und nur mit Mitteln des Ortsbeirates errichtete man auf dem Gelände „Windmühle“ eine Schutzhütte, die sich als idealer Standort für viele Bratpartien erwies. Im Jahre 2000 wurde diese Schutzhütte zu einer festen Grillhütte mit einer Toilettenanlage umgestaltet.

Am Ortseingang, von Kirchhain kommend, befindet sich auf der nördlichen Seite des Dorfes ein Neubaugebiet. Die ersten Häuser wurden in der Hanglage in den 60-er Jahren erbaut. Das Amt für Denkmalpflege hat im April 2000 mit Ausgrabungen auf dem Grainersberg in Höhe des Kiefernweges begonnen. Die Archäologen legten auf dem Gräberfeld über 40 Fundstellen frei, darunter 16 Gräber mit reiner Urnenbestattung. Die gefundenen Gefäße bezeichnete Dr. Fiedler "als kleine archäologische Schätze", die aus der Zeit um 700 vor Christus, dem Übergang von der Eisen- zur Bronzezeit, stammen. Nachdem im Jahre 2002 die Ausgrabungsarbeiten abgeschlossen waren, konnte auch das letzte Teilstück in diesem Bereich für Bauwillige frei gegeben werden.

Der 29. März 1945 ist in der Geschichte der Gemeinde Anzefahr als „Schreckenstag“ fest verankert. Wir blicken in die von Herrn Lehrer Weitzel geführte Schulchronik der Gemeinde und erfahren über die Ereignisse des Schreckenstages:

„...Über den Westerwald, durch das Sauerland stoßen die Amerikaner in unsere Gegend vor. Hier in Anzefahr treffen am gleichen Tage deutsche Truppen (Infanterie) ein. Sie gehen durch das Dorf in Richtung Betziesdorf – Cölbe. Jede Feldarbeit ruht. In der Nacht zum 29. März hat sich auch hier ein schwacher Zug Infanterie – der Bahn entlang festgesetzt. Am Morgen des 29.03. – es ist Gründonnerstag – rollten gegen 7.00 Uhr amerikanische Panzer aus Richtung Großseelheim – Schönbach an. Panzer und nochmals Panzer. Die deutsche Infanterie eröffnet mit ihren unzulänglichen Waffen gegen 7.20 Uhr das Feuer. Die Amerikaner nehmen sofort die Bahnlinie – sodann auch das Dorf unter Feuer. Lage auf Lage schlägt in das Gelände und das Dorf. Die Bewohner hatten sich längst in die Keller geflüchtet – einige Familien waren sogar in der Nacht nach Sindersfeld geflohen. In einer Feuerpause verlässt man die Keller, um nach Hab und Gut zu sehen. Es brennt im Dorfe. An ein Löschen ist nicht zu denken – der Beschuss setzt wieder ein. Nach ungefähr 2 Stunden schweigt das Feuer endgültig. ..."

Bei einem Spaziergang durch das Dorf gibt es mehrere Dinge die beim genauen Hinsehen auffallen. Zunächst einmal sind es die zahlreichen Fachwerkhäuser, die entgegen dem heutigen Trend, fast alle noch wohnlich genutzt werden. Dem Betrachter wird weiterhin auffallen, dass an den Gebäuden sich Balkeninschriften bzw. Steine mit Jahreszahlen und/oder Namen befinden. Neben der Landwirtschaft ist noch etwas anderes aus dem alltäglichen Bild des Dorfes fast ganz verschwunden: die katholische oberhessische Tracht.

Berühmter Theologe aus Anzefahr
Der bekannte Theologe Heinrich Joseph Wetzer wurde am 19.03.1801 als Sohn des armen Lehrers Franz Conrad und dessen Ehefrau Elisabeth geb. Fischer in Anzefahr geboren. Er war ein deutscher Orientalist. Wetzer liebte die wissenschaftliche Arbeit und übernahm gemeinsam mit Benedikt Welte die Redaktion zur Herausgabe des „Kirchenlexikons“. Trotz der Ereignisse in den Jahren 1848 und 1849 kam das schöne Werk in einer für die Bedeutung und den Umfang verhältnismäßig kurzen Zeit heraus. Am 05.11.1853 traf ihn nach kurzer Erkrankung früh morgens ein Nervenschlag, der seinem Leben ein plötzliches Ende setzte.

Fotos: Hans-Christoph Nahrgang

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