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26.03.2021

Kirchhain blüht Die Mistel - ein unliebsamer Baumbewohner

Jetzt im Winter/Frühjahr, wo die Bäume ihr Laub abgeworfen haben, fallen die grünen runden Sträucher in den kahlen Baumästen besonders auf. Durch ihren kugeligen Wuchs, ihre immergrüne, kräftige Farbe und ihre weißen, glänzenden Früchte sind sie von Weitem sichtbar.

Die Mistel ist ein sogenannter Halbschmarotzer. Das bedeutet, dass sie ihren Wirtsbaum anzapft und ihm Wasser und Mineralsalze entzieht, aber durch ihre grünen Blätter selbst Fotosynthese betreibt und die Nährstoffe für ihr Wachstum selbst herstellt.

Wie kommt die Mistel in die höchsten Baumkronen?
Die Büschel fallen nicht vom Himmel in die Bäume, wie unsere Vorfahren glaubten, vielmehr helfen die Vögel beim Samentransport. Die erbsengroßen weißen Beeren werden im Winter von Vögeln, vor allem von Drosseln gerne gefressen und die Misteldrossel verdankt ihren Namen ihrer Vorliebe für diese schmackhaften Beeren. Der im Innern der Beere befindliche Samen ist von einer zähen Schleimschicht umgeben. Wegen des klebrigen Fruchtfleischs muss der Vogel immer wieder seinen Schnabel an den Ästen putzen und so werden die Samen dort regelrecht angeleimt oder sie bleiben beim Abkoten der Vögel dort hängen. Selbst starker Regen vermag es nicht, die Samen wegzuspülen. Der deutsche Name „Mistel“ wird übrigens mit Mist, insbesondere Vogelmist in Verbindung gebracht, während der wissenschaftliche Gattungsname „Viscum“ mit dem lateinischen Wort für Leim identisch ist.
Beim Auskeimen der Samen wächst eine Wurzel durch die Baumrinde bis zu den wasserführenden Leitungsbahnen im Holz. Dadurch ist die Mistel stets gut mit Wasser und gelösten Nährsalzen versorgt und durch ihren Platz an der Sonne bekommt sie immer genug Licht für ihre eigene Fotosynthese. Dennoch wächst sie langsam, aber die kugeligen Büsche können im Extremfall Ausmaße von einem Meter Durchmesser erreichen und bis zu 70 Jahre alt werden. Die Mistelwurzeln bilden unter der Rinde des Baumes Ausläufer, so dass sich die Mistel entlang der Äste und über den ganzen Baum ausbreiten kann.
Die eigentümliche Pflanze, die hoch oben in den Kronen der Bäume sogar im Winter ihr grünes Kleid bewahrt, hat früh in der Mythologie der Menschen eine große Rolle gespielt: Germanen, Kelten, Griechen nutzten die Pflanze für kultische Zwecke, im Mittelalter wurde sie als Wünschelrute genutzt, ein Mistelzweig am Stalleingang sollte vor Feuer und Tierkrankheiten schützen. Auch in der Naturheilkunde findet die Mistel Verwendung. Der aus England stammende Brauch, in der Weihnachtszeit einen Mistelzweig über die Tür zu hängen, hat auch bei uns viele Anhänger gefunden. In der Comic-Serie Asterix und Obelix ist die Mistel wichtiger Bestandteil des Zaubertranks des Druiden Miraculix.

Gefährdung von Streuobstbeständen
Die verschiedenen Mistelarten befallen unterschiedliche Baumarten; stark betroffen sind Weichholzarten wie Weide, Pappel, Linde, bisweilen auch Birke und Ahorn. Darüber hinaus dienen Apfelbäume, Vogelbeere und Weißdorn als Wirtsbäume. Die Mistel hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten stark verbreitet, sie ist deutschlandweit auf dem Vormarsch und stellt auch bei uns eine zunehmende Gefahr für Streuobstanlagen dar. Als Ursache für die Ausbreitung der Mistel in den Obstbeständen wird vor allem die unregelmäßige Pflege von Streuobst genannt. Daneben wird das Vordringen auch begünstigt durch klimatische Veränderungen wie milde Winter, in denen die Mistel besonders gut wachsen kann, oder lange Trockenphasen, die den Obstbäumen zusetzen. Geschwächte Bäume können sie sich nicht aus eigener Kraft gegen das Eindringen der Mistelwurzel zur Wehr setzen.
Da die Schmarotzer dem Wirtsbaum Wasser und Mineralsalze entziehen, wird der Baum auf Dauer geschädigt. Bei Obstbäumen kommt es häufig zu Ernteverlusten. Daher müssen befallene Bäume geschnitten werden. Jetzt im Spätwinter oder zeitigen Frühjahr ist die geeignete Zeit dafür, da die Mistelkugeln jetzt gut sichtbar sind. Außerdem ist dies ohnehin die Zeit für regelmäßige Pflegeschnitte an den Obstbäumen.
Es genügt nicht, lediglich den Mistelzweig zu entfernen, da die Wurzel der Mistel tief ins Holz eingedrungen ist und sofort wieder ausschlagen würde. Daher müssen die Äste 30 bis 40 cm vom Ansatz der Mistel ins gesunde Holz zurück abgesägt werden. Dies geht natürlich nur, wenn der Baum im äußeren Bereich befallen ist. Wachsen die Misteln weiter innen auf Leitästen oder in der Stammverlängerung, bleibt nur, die Mistel abzubrechen oder abzusägen; damit ist man den Parasitenbefall zwar nicht los, der Baum wird aber vorübergehend entlastet, da die Mistel dann vier Jahre benötigt, bis sie wieder Samen produziert. Bei stark befallenen alten Bäumen mit geringer Vitalität ist abzuwägen, ob man durch einen radikalen Rückschnitt den Baum insgesamt zerstört. Belässt man den infizierten Baum im Bestand, muss auf jeden Fall das Fruchten der Misteln verhindert werden und die Bäume einer ständigen Kontrolle unterzogen werden.
Oft herrscht die Meinung, Misteln stünden unter Naturschutz – das ist falsch. Lediglich für das gewerbsmäßige Sammeln braucht man eine behördliche Genehmigung. Ansonsten dürfen sie geschnitten werden und müssen zum Schutz der Obstbäume zurückgedrängt werden. Es bleiben im Außenbereich immer noch genügend andere Wirtsbäume, um die weißen Beerenfrüchte zu erhalten, die zum Winterfutter von 27 heimischen Vogelarten gehören; darüber hinaus ernähren sich einige stark gefährdete Wanzenarten von den Misteln.

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